Kapitel XVIII und XIX
Fortsetzung
Herr Sathe
Da gab es einen Herrn Sathe, der vor vielen Jahren einige Bekanntheit erlangte und zwar während des Crawford-Regimes, das durch den Gouverneur von Bombay, Lord Reay, abgesetzt wurde.. Er erlitt schwere geschäftliche Verluste. Andere wirdige Umstände verursachten ihm viele Sorgen und machten ihn traurig und deprimiert. Er war ruhelos und dachte daran, sein Haus zu verlassen und sich an einen entfernten Ort zu begeben.
Der Mensch denkt generell nicht an Gott, doch wenn ihn Schwierigkeiten und Unglück überkommen, wendet er sich an ihn und betet um Hilfe. Wenn die schlechte Zeit zu Ende ist, richtet Gott es so ein, dass er einem Heiligen begegnet, der ihm die passenden Lehren in Bezug auf sein Wohlergehen gibt. Herr Sathe hatte ein ähnliches Erlebnis. Seine Freunde schlugen ihm vor, nach Shirdi zu gehen, wo sich so viele Menschen versammelten, um Sai Babas Darshan zu bekommen, damit ihr Gemüt Frieden erh#lt und ihre Wümsche erfüllt werden. Ihm gefiel die Idee, und er begab sich sofort nach Shirdi; das war 1917. Als er Babas Gestalt erblickte, die wie das ewige Brahman war, selbststrahlend, makellos und rein, wurde sein Gemüt ruhig und gelassen. Er dachte bei sich, dass die angesammelten Verduenste in seinen früheren Leben ihn zu den heiligen Füßen von Baba gebracht hatten. Er war ein Mann mit starkem Willen und begann sofort mit dem Studium der Gurucharita. Als er die Lesung nach sieben Tagen (saptaha) beendet hatte, schenkte Baba ihm in der darauffolgenden Nacht eine Vision: Baba hatte die Gurucharita in der Hand und erklärte ihm deren Inhalt. Herr Sathe saß vor ihm und hörte ihm aufmerksam zu. Als er aufwachte, erinnerte er sich an den Traum und war sehr glücklich. Er fand, dass es äußerst gütig von Baba war, Seelen wie ihm, die in Unwissenheit dahin dämmern, zu erwecken und sie den Nektar der Gurucharits kosten zu lassen.
Am nächsten Tag erzählte er Kakasaheb Dixit von dieser Vision und bat ihn, Sai Baba aufzusuchen und herauszufinden, ob eine siebetätige Lesung ausreichend sei oder ob er noch eine weitere durchführen solle. Als Kakasaheb Dixit eine passende Gelegenheit fand, fragte er Baba: "Deva, was hattest Du Herrn Sathe in dieser Vision vorgeschlagen? Soll er aufhören oder die siebentägige Lesung wiederholen? Er ist ein schlichter Devotee, sein Wunsch sollte erfüllt werden. Bitte erkläre ihm die Vision und segne ihn." Baba antwortete: "Er sollte das Buch noch ein weiteres Mal in sieben Tagen lesen. Wenn er das Werk aufmerksam studiert, wird es ihm von Nutzen sein und er wird geläutert. Dann freut sich der Herr und befreit ihn aus der Bindung an die weltliche Existenz."
Hemadoant war zu der Zeit gerade anwesend und wusch Babas Füße. Als er Babas Worte hörte, dachte er bei sich: "So etwas! Herr Sathe liest das Buch nur eine Woche und erhält eine Belohnung und ich lese das Werk seit 40 Jahren ohne Ergebnis! Sein siebentägiger Aufenthalt hier trägt Früchte, während mein Aufenthalt von sieben Jahren (1910-1917) umsonst war. Wie ein Chatak-Vogel warte ich immerzu auf die gnadenreiche Wolke (Baba), damit sie ihren Nektar auf mich niederregnen lässt und mich mit Unterweisungen segnet." Kaum kam dieser Gedanke in ihm auf, wusste Baba davon. Es war die Erfahrung der Devotees, dass Baba ihre Gedanken las und verstand und dass Er die schlechten unterdrückte und die guten förderte. Als Baba Hemadpants Gedanken las, bat er ihn sofort, aufzustehen und zu Shama zu gehen, von ihm 15 Rupien dakshina zu holen, eine Weile mit ihm zusammenzusitzen und zu plaudern und dann zurückzukehren. Baba hatte Erbramen mt ihm, deshalb erteilte er diesen Auftrag. Und wer konnte sich schon Babas Anweisungen widersetzen?
Hemadpant verließ sofort die Masjid und ging zu Shamas Haus. Shama hatte gerade sein Bad genommen und trug einen Dhotar. Er kam heraus und fragte Hemadpant: "Wie kommt es, ass du jetzt schon hier bist? Mir scheint, dass du von der Masjid kommst. Warum bist du denn so unruhig und deprimiert und warum bist du alleine? Bitte setz dich und ruhe dich aus, ich will noch eben meine Andacht halten und komme dann zurück. Nimm dir bitte in der Zwischenzeit Blätter, Betelnüsse usw. (pan-vida) und lass uns dann ein wenig plaudern." Dann ging er ins Haus und Hemadpant saß alleine auf der vorderen Veranda. Auf dem Fenstersims sah er ein bekanntes Marathi-Buch mit dem Namen Nath-Bhagvat." Das ist ein Kommentar des heiligen Eknath über das eöfte Kapitel des größten Sanskritwerkes, des Bhagavatam. Auf Sai Babas Vorschlag und Empfehlung hin lasen die Herren Bapusaheb Jog und Kakasaheb Dixit täglich in Shirdi die Bhagavadgita mit dem Marathi-Kommentar genannt Bhawartha-Deepika oder Jnaneshwari (ein Dialog zwischen Krishna und dessen Freund und Devotee Arjuna) und Nath-Bhagvat (ein Dialog zwischen Krishna und seinem Diener und Devotee Uddhava) sowie Eknaths anderes großes Werk, nämlich Bhawartha Ramayana.
Wenn Devotees zu Baba kamen und Ihm gewisse Fragen stellten, so beantwortete Er diese manchmal nur teilweise und bat sie, den Lesungen der genannten Werke, die die Hauptabhandlungen des bhagavatdharma sind, zuzuhören. Taten sie das, erhielten sie vollständife und zufriedenstellende Antworten auf ihre Fragen. Auch Hemadpant las täglich einige Abschnitte aus dem Buch Nath-Bhagvat.
An jenem Tage hatte er den täglichen Teil seiner Lesung nicht beendet, weil er einige Devotees begleitete, die zur Masjid gingen. Als er das Buch von Shamas Fensterbank nahm und beiläufig aufschlug, stellte er zu seinem Erstaunen fest, dass es der Teil war, den er noch nicht gelesen hatte. Er dachte bei sich, dass Baba doch sehr gütog sei, ihn zu Shamas Haus zu schicken, damit er seine tägliche Lesung beenden konnte. Das tat er dann auch. Als er damit fertig war, kam Shama, der seine Andacht beendet hatte, heraus. Zwischen ihnen entspann sich folgende Unterhaltung.
Hemadoant: "Ich bin mit einer Botschaft von Baba gekommen. Er hat mich gebeten, mit 15 Rupien dakshina von dir zurückzukehren. Ich soll auch eine Weile mit dir zusammensitzen und plaudern und dann mit dir zur Masjid zurückkehren."
Shama, erstaunt: "Ich habe kein Geld, nimm meine 15 Verneigungen (namaskara) als dakshina statt der Rupien."
Hemadpant: "in Ordnung, deine namaskaras werden angenommen. Lass uns jetzt ein wenig plaudern. Erzähle mir einige Geschichten und göttliche Spiele von Baba, die unsere Sünden vernichten!"
Shama: "Dann setze dich für eine Weile hierhin. Wundervoll ist das Spiel (lila) dieses Gottes (Baba). Du weißt das schon. Ich bin ein Landmann, während du ein erleuchteter Städter bist. Du hast schon einige lilas mitangesehen, seitdem du hier bist. Wie sollte ich sie dir beschreiben? Nun, nimm einige Blätter und Betelnüse und iss das Pan-vida, während ich hineingehe und mich anziehe."
Nach wenigen Minuten kam Shama wieder heraus und setzte sich zu Hemadpant. Er sagte: "Das Spiel dieses Gottes (Baba) ist unergründlich. Seine göttlichen Spiele sind endlos. Wer kann sie schon alle erkennen? Er spielt und vergnügt sich mit seinen lilas, dennoch bleibt Er unberührt davon. Was wissen denn wir Landleute schon? Warum erzählt Baba nicht selbst Geschichten? Weshalb schickt Er gelehrte Männer wie dich zu Dummköpfen wie mir? Seine Wege sind unbegreiflich. Ich kann nur sagen, dass sie nicht menschlich sind." Dann fuhr Shama fort. " Jetzt erinnere ich mich an eine Geschichte, die ich dir erzählen werde. Ich habe sie persönlich erlebt. So fest entschlossen wie ein Devotee ist, so prompt ist auch Babas Reaktion. Manchmal unterzieht Baba die Devotees harten Prüfungen und erteilt ihnen dann spirituelle Unterweisung (upadesha)." Sowie Hemadpant das Wort "Unterweisung" vernahm, war ihm, als oob ein Blitz durch sein Gemüt fuhr. Sofort erinnerte er sich an Herrn Sathes Gurucharita-Lesung und er dachte, dass Baba ihn zu Shama geschickt haben könnte, um seinem ruhelosen Gemüt Frieden zu schenken. Er hielt jedoch dieses Gefühl zurück und lauschte Shamas Geschichten. Diese Geschichten zeigten alle, wie gütig und liebevoll Baba seinen Devotees gegenüber war. Während Hemadpant zuhörte, kam in ihm eine große Freude auf. Shama erzählte die folgende Geschichte.
Verneige dich vor Shri Sai - Friede sei mt allen
aus: Shri Sai Satcharita, aus dem Englischen von Irmgard Streich-Buda, Sathya Sai Vereinigung e.V. 2002
zu beziehen über
www.sathyasai-buchzentrum.de