Kapitel XVI und XVII
Fortsetzung
Qualifikation für Brahmanjnana oder Selbstverwirklichung
Nicht alle Personen sehen oder verwirklichen das Brahman zu Lebzeiten. Hierfür sind gewisse Voraussetzungen unbedingt notwendig.
1. Mumukshu - oder der intensive Wunsch, frei zu werden.
Für das spirituelle Leben ist derjenige Mensch qualifiziert, der glaubt, gebunden zu sein und unbedingt frei werden möchte. Er arbeitet hierfür ernst und entschlossen und kümmert sich um nichts anderes.
2. Virakti - oder ein Gefühl der Abneigung gegenüber den Dingen dieser und der nächsten Welt.
Erst wenn ein Mensch Abneigung empfindet gegenüber den Dingen, den Vergnügungen und den Ehren, die seine Taten in dieser und der nächsten Welt mit sich bringen, hat er ein Anrecht darauf, den spirituellen Bereich zu betreten.
3. Antarmukhata oder Introversion
Unsere Sinne sind von Gott mit der Neigung erschaffen worden, sich nach außen zu bewegen, deshalb schaut der Mensch immer nach außen und nicht nach innen. Wer sich Selbstverwirklichung und Unsterblichkeit wünscht, muss seinen Blick nach innen lenken und nach seinem inneren Selbst Ausschau halten.
4. Läuterung von Spünden
Bevor ein Mensch sich nicht von Boshaftigkeit abgewandt hat, aufgehört hat, Unrecht zu tun, bevor er sich nicht ganz und gar beherrschen kann, sein Denken und Fühlen (mind) nicht zur Ruhe gekommen sind, kann er keine Selbstverwirklichung erlangen, nicht einmal durch Wissen.
5. REchtes Verhalten
Wenn der Mensch nicht einLeben in Wahrheit,m Buße und Innenschau lebt und Enthaltsamkeit übt, gibt es keine Gottverwirklichung für ihn.
6. Das Gute (shreyas) dem Angenehmen (preyas) vorziehen
Das Gute befasst sich mit spirituellen und das Angenehme mit weltlichen Angelegenheiten. Beide wurden den Menschen zur Auswahl gegeben. Man muss darüber nachdenken und eines von beiden wählen. Der weise Mensch zieht das Gute dem Angenehmen vor; doch der Unwissende wählt aufrund von Gier und Bindung das Angenehme.
7. Beherrschung von Gemüt und Sinnen
Der Körper ist das Gefährt und das Selbst ist der Meister, der Intellekt ist der Lenker, das Denken und Fühlen (mind) sind die Zügel, die Sinne sind die Pferde und die Sinnesobjekte deren Wege. Wer keine Einsicht besitzt und wessen Gemüt ungezügelt ist, dessen Sinne sind wie die bösartigen Pferde eines Wagenlenkers, der sein Ziel, nämlich Verwirklichung, nicht erreicht und so die ewigen Runden von Geburt und Tod durchlaufen muss. Wer jedoch Einsicht besitzt und sein Gemüt beherrscht, der hat seine Sinne unter Kontrolle und erreicht wie die guten Pferde des Wagenlenkers das Ziel, d. h. den Zustand der Selbstverwirklichung, und muss deshalb nicht mehr wiedergeboren werden. Der Mensch, der die Einsicht besitzt und fähig ist, sein Denken und Fühlen zu zügeln, erreicht das Ende der REise, nämlich den höchsten Sitz des allesdurchdringenden Herrn, Vishnu.
8. Läuterung des Gemüts
Bevor ein Mensch seine Pflichten im Leben nicht zufriedenstellend und unvoreingenommen erfüllt hat, kann sein Gemüt nicht geläutert werden, und bevor das Gemüt nicht geläutert ist, kann keine Selbstverwirklichung erlangt werden. Nur in einem reinen Gemüt können Unterscheidungsvermögen (viveka) und Leidenschaftslösigkeit (vairagya) entstehen und zur Selbstverwirklichung führen. Bevor Egoismus nicht fallen gelassen und Habgier nicht aufgegeben wird, das Ge,üt nicht frei von Wünschen, nämlich rein ist, ist Selbstverwirklichung nicht möglich. Die Vorstellung "Ich bin der Körper" ist eine große Verblendung, und das Festhalten hieran ist die Ursache der "Gefangenschaft". Lass deshalb ab von dieser Vorstellung und Bindung, wenn du zum Ziel der Selbstverwirklichung gelangen willst.
9. Die Notwendigkeit eines Gurus
Das Wissen vom Selbst ist subtil und mystisch, dass niemand erhoffen kann, es durch eigene Bemühungen zu erlangen. Aus dem Grunde ist die Hilfe einer anderen Pwrson, nämlich eines Lehrers, der das Selbst verwirklicht hat, unbedingt erforderlich. Mit Hilfe eines solchen Lehrers kann leicht erlangt werden, was andere nicht einmal mit größter Mühe und Anstrengung geben können. Denn dieser Lehrer istden Pfad selbst gegangen und kann daher seinen Schüler Schritt für Schritt auf der Leiter des spirituellen Fortschritts emporführen.
10. Die Gnade des Herrn ist schließlich das Wesentlichste
Wenn der Herr mit jemandem zufrieden ist, gibt er ihm viveka und vairagya und führt ihn sicher über den Ozean der weltlichen Existenz. Die Katha-Upanishad sagt: "Das Selbst kann weder durch das Studium der Veden noch durch den Intellekt nch durch viel Lernen erlangt werden. Wen das Selbst auserwählt, der erlangt es. Ihm enthüllt es sein Wesen."
Nachdem der Vortrag beendet war, wandte sich Baba an den Herrn und sagte: "Nun Sir, in Ihrer Tasche, befindet sich bhrama (Mammon) in der Form von fünfzig mal fünf (250) Rupien. Bitte nehmen Sie es heraus." Der Herr nahm das Bündel Banknoten aus seiner Tasche, zählte die Noten und stellte zu seinem großen Erstaunen fest, dass es 25 Zehn-Rupien-Noten waren. Als er Babas Allwissen erkannte, fiel er Ihm zu Füßen und bat um Seinen Segen. Baba sagte zu ihm: "Roll das Bündel 'bhrama', die Banknoten, ein. Bevor du nicht vollkommen frei von deiner Habgier oder Gier wirst, kannst du das wahre Brahman nicht bekommen. Wie kann derjenige erwarten, das Brahman zu erkennen, dessen Denken und Fühlen (mind) mit REichtum, Nachkommenschaft und Wohlergehen beschäftigt ist, wenn er seine Bindung an diese nicht aufgibt. Die Illusion von Bindung oder die Liebe zum Geld ist ein tiefer Strudel des Schmerzes und voller Korkodile in der Form von Selbstgefälligkeit und Eifersucht. Nur wer wunschlos ist, kann diesen Strudel überwinden. Gier und Brahman sind wie gegensätzliche Pole; sie sind ewig einander entgegengesetzt. Wo Gier ist, gibt es keinen Platz für Gedanken oder Meditation über das Brahman. Wie kann ein gieriger Mensch Leidenschaftslosigkeit oder Erlösung erlangen? Für einen gierigen Menschen gibt es weder Freden noch Zufriendenheit noch Beständigkeit. Wenn auch nur eine Spur von Gier im Gemüt vorhanden ist, sind alle spirituellen Bemühungen vergeblich. Selbst das Wissen eines wohlbelesenen Menschen, der nicht frei ist vom Wunsch nach Belohnung für seine Taten, ist nutzlos und kann nicht zur Selbstverwirklichung verhelfen. Für einen Menschen voller Egoismus, der immer an Sinnesdinge denkt, sind die Lehren eines Gurus ohne Nutzen. Die Läuterung des Gemüts ist unbedingt notwendig. Ohne diese Läuterung sind alle unsere spirituellen Bemühungen nichts als unnütze Schau und Pomp. Deshalb ist es besser, nur das zu nehmen, was man verdauen und verinnerlichen kann. Meine Schatzkammer ist voll und ich kann jedem geben, was er sich wünscht, doch muss ich schauen, ib die Voraussetzung gegeben ist, mein Geschenk zu empfangen. Wenn du mir aufmerksam zuhörst, wird es dir ganz sicher zum Wohle gereichen. So wahr ich in dieser Masjid sitze, sage ich niemals irgendeine Unwahrheit."
Wenn ein Gast eingeladen ist, werden alle Mitglieder des Haushalts sowie Freunde und Verwandte, die gerade zugegen sind, mit dem Gast zusammen bewirtet. Ebenso konnten alle, die zu dieser Zeit in der Masjid waren, an dem spirituellen Festmahl teilnehmen, das Baba dem reichen Herrn servierte. Nachdem sie Babas Segen erhalten hatten, verließen alle, einschließlich des reichen Herrn, den Platz recht glücklich und zufrieden.
Verneige dich vor Shri Sai - Friede sei mit allen
aus: Shri Sai Satcharita, aus dem Englischen von Irmgard Streich-Buda, Sathya Sai Vereinigung e.V. 2002
zu beziehen über
www.sathyasai-buchzentrum.de